Verkehrsberuhigung Weststadt

Mit freundlicher Genehmigung aus WeststadtPrint, Ausgabe 4/2020

Wo ist das Gesamtkonzept?

Als Anwohner der Weststadt, und „leidender“ PKW-Besitzer, dem der Parkraum unter den Füßen weggezogen wird, schreibe ich diesen Artikel. Inhaltlich geht es darum, dass 2023/2024 die seit Langem dringend anstehende Sanierung der Häusserstraße beginnen soll, da es absolut notwendig ist, ebenso den Straßenbelag wie das Beleuchtungskonzept in einen verkehrssicheren Zustand zu bringen.

Aktueller Zustand der Häusserstraße

Das Thema Parkraum und ruhender Verkehr ist kein neues in Heidelberg. Jedoch stellt sich bei mir ein gewaltiger innerer Widerstand ein, wenn ich die städtische Planung zum Umbau der Häusserstraße studiere. Es wird erklärt, wie ein verkehrsberuhigter Bereich durch Umbaumaßnahmen mit Bänken, Ruhebereichen und weiteren Baumaufpflanzungen nochmals verkehrsberuhigt werden soll. Das liest sich wie eine Hosenträger-zum-Gürtel-Lösung, um endlich die erlaubten Geschwindigkeiten durchzusetzen. Wäre stattdessen eine Neuordnung der Einbahnstraßen-Regelungen nicht sinnvoller?

Instandhaltung statt Neuanschaffung

Die geplante Schaffung neuer Ruhebereiche hat mich wirklich überrascht. Viele vorhandene Grünflächen – mit oder ohne Bänke – in der Weststadt sind in einem desolaten Zustand. Hier sollte die Stadt ein paar Euro zur Instandhaltung und „Aufhübschung“ investieren. Alternativ könnte man auch weitere vorhandene öffentliche verwahrloste Grünflächen dem Verein Essbares Heidelberg e.V. zur Verfügung stellen, der seine Grünflächen vorbildlich instand hält.

Schon in den 80er Jahren wurden unter dem damaligen OB Zundel in der gesamten Weststadt Slalom-Parcours durch schräg angelegte Parkbuchten installiert. 2 Jahre später wurde alles wieder in Längsparken umgewandelt, nachdem man negative Effekte feststellte: Es entstanden unübersichtliche, verdeckende Bereiche, die besonders gefährliche Situationen für spielende Kinder, Fußgänger*innen und Radfahrer*innen darstellten. Zudem nimmt man von städtebaulicher Planungsseite in Kauf, dass von derzeit 134 Parkplätzen sage und schreibe 53 wegfallen sollen. Das entspricht einer Reduktion von ca. 38%. Der Beschluss soll stellvertretend für zukünftige Straßenbaumaßnahmen in der Weststadt stehen.

Parkplatznot wächst

Es scheint so, als gäbe es in der Weststadt und den angrenzenden Stadtteilen mehr als ausreichend Parkraum für die Vielen, die täglich einen Parkplatz suchen. Doch die Realität sieht anders aus: Notgedrungen stellen sie ihren PKW irgendwo ab, weil aktuell nicht ausreichend Parkraum zur Verfügung steht. Dabei gibt es eine dringende Frage zu klären: Wo plant die Stadt HD den Ausgleich der in der Weststadt wegfallenden Parkplätze für Anwohner*innen, Angestellte, Kurzzeitparkende und Besucher*innen. Die Rede ist von u. a.

Bauhaus: ca. 250 Parkplätze,
Häuserstraße: ca. 53 Parkplätze,
Ringstraße: ca. 50 Parkplätze,
Franz-Knauff/Schiller-/Rohrbacher Str. ca. 30 Parkplätze

Wo parken die Mitarbeiter*innen und Besucher*innen der Gewerbetreibenden, des St. Josef Krankenhauses, des Hospiz Louise, der Hotels und Boardinghäuser, sowie diejenigen aus angrenzenden Stadtteilen, die in Ihrem Stadtteil keine Abstellmöglichkeit mehr finden?

Kein passables Konzept für E-Mobilität

Ein weiterer Kritikpunkt sind die nicht geplanten E-Ladestationen im öffentlichen Raum. Stattdessen sei man mit Supermärkten und Discountern im Gespräch, die für ausreichend Ladestationen sorgen sollen. Damit wird die Planung der Bundesregierung, möglichst schnell viele E-Autos im Lande zu ermöglichen, seitens der Stadt Heidelberg nur unzureichend unterstützt. Akzeptanz der E-Mobilität erreicht man nur, wenn man den Bürger*innen und Anwohner*innen die Möglichkeit gibt, am Wohnort das neue E-Auto laden zu können.

E-Ladesäule in der Bahnhofstr
E-Tankstelle in der Bahnhofstraße – zugeparkt von Verbrenner-Autos

Nachverdichtung bringt neue Dauerparker

Die Nachverdichtung in der Heidelberger Weststadt, also der Ausbau von Dachböden, die Neubauten in Hinterhöfen und in schönen Gärten zur Wohnraumbeschaffung, die Vermietung einzelner Zimmer in großen Wohnungen führt zusätzlich zu mehr Verkehrsteilnehmenden, die in die aktuelle, sehr angespannte Parkraumsituation drängen.

Auflagen der Stadt, Tiefgaragenparkplätze bei Neubauprojekten zu schaffen, werden ausgehebelt, weil sich viele Anwohner die angebotenen Stellplätze in Tiefgaragen nicht leisten können. So entstand z. B. in der Kaiserstraße ein großes Nachverdichtungs-Projekt, das vorwiegend von studentischen Mietern bewohnt wird. Diese sollen pro PKW-Stellplatz in der Garage zusätzlich 120 Euro im Monat zahlen. Das Resultat ist, dass die meisten dieser Bewohner*innen mit Ihre Autos mit einem Anwohnerparkausweis für jährlich 36 Euro auf der Straße parken.

Bürgerbeteiligung erwünscht

Alle angesprochenen Punkte zeigen, dass es Diskussionsbedarf gibt. Ein schlüssiges zukunftsweisendes Parkraum- und Verkehrskonzept für die Weststadt ist dringend erforderlich, basierend auf einer aktuellen Erhebung mit Zahlen, Daten, Fakten, bevor weitere Entscheidungen in unserem Stadtteil in die Tat umgesetzt werden.

Der Stadtteilverein West-Heidelberg e.V. hat sich der Thematik angenommen und wird mit gezielter Information die Anwohnerinnen und Anwohner der Weststadt informieren, z.B. hier auf der Vereins-Webseite, an Infoständen auf dem Wilhelmsplatz, sowie Plakatierungen etc. .

Des Weiteren setzen wir uns für eine Bürger*innen-Beteiligung ein, die die Interessen aller Bewohner*innen der Weststadt berücksichtigen soll. In der Weststadt wohnen mehr als 12.000 Menschen mit verschiedensten Lebenskonzepten. Nur gemeinsam und mit transparenter Kommunikation gelingt ein gutes Miteinander.

Für zukünftige Projekte in der Weststadt wünscht und fordert der Vorstand des Stadtteilvereins West-Heidelberg e.V. mehr Informationen und Mitsprache bei solchen Maßnahmen, denn ein Stadtteilverein hat auf jeden Fall den Finger am Puls.

Rückmeldungen von Bürgern zum Artikel sind erwünscht.
Per E-Mail an verkehrskonzept@weststadtverein.de